Ehemalige Rosengärtnrei in Panitzsch: Der neue Eigentümrt hat die alten Gewächshäuser bereits abgerissen undwartet auf grünes Licht zur Ansiedlung. Foto: Andreas Röse

LVZ „Muldentalzeitung“ vom 27.07.2012
Ein Plan, ein Datum, zwei Fassungen
Verfahren zur Ansiedlung einer Recyclingfirma in Borsdorf sorgt für Wirbel / Bürger fordern Aufklärung

Borsdorf. Ungereimtheiten im Borsdorfer Rathaus: Vom Bebauungsplan, der den Weg zur Ansiedlung iner Recyclingfirma in Panitzsch ebnen soll, existieren zwei Fassungen. Das Dokument, das Bürger einsehen konnten, ist ein anderes als das, was Zweckverbände und Behörden zur Stellungnahme erhielten.

Anwohner befürchten durch das Unternehmen Lauer Ecotec, das von Panitzsch aus unter anderem einen Handel mit Tanks, Rührwerken und Trocknern betreiben und Industrie-Schrott lagern möchte, Umweltbelastungen und eine geringere Wohnqualität. Deshalb verfolgen sie äußerst kritisch alle Phasen des von der Gemeinde ins Rollen gebrachten Genehmigungsverfahrens für die einstige Rosengärtnerei. „Seit Beginn der Bürgerbeteiligung habe ich mich bemüht, eine Kopie des B-Plans ausgehändigt zu bekommen“, berichtet Anwohner Thomas Wiedemann gegenüber LVZ. Mit fadenscheinigen Ausreden habe ihm das Bauamtsleiter Marcus Planert immer wieder verweigert. Vorigen Freitag – kurz vor Toresschluss der Auslegung – sei es ihm dann endlich gelungen, per Handscanner eine Kopie anzufertigen, als besagter Amtsleiter nicht im Dienst war. Gleichzeitig hatte sich eine Panitzscherin das Dokument vom einem beteiligten Verband besorgt. Unterschiedliche Seitenzahlen machten die Bürger stutzig und sie studierten daraufhin Zeile für Zeile. „Dabei sind wir auf 30 Stellen gestoßen, an denen Streichungen vorgenommen wurden“, so Wiedemann. 16 weitere Passagen seien umformuliert worden, damit der Zusammenhang wieder stimmt. Die redaktionellen Eingriffe seien auf jeden Fall erheblich. „Die Pläne“, so der Panitzscher, „sind von einer fachkundigen Person gravierend verändert worden, und dies mit erheblichen Auswirkungen für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens.“ Die Versionen verfügen allerdings über eine erstaunliche Gemeinsamkeit: das gleiche Ausfertigungsdatum. Bürgermeister Ludwig Martin (CDU) kann sich auf die peinliche Situation keinen Reim machen. „Die Vorwürfe der Bürger treffen zu, es gibt diese beiden BPlan- Varianten“, räumte der Rathauschef zur vorgestrigen Gemeinderatssitzung ein. Wie diese zustande kommen, könne er sich nicht erklären. Der Bauamtsleiter befinde sich derzeit im Urlaub. Das Ingenieurbüro Arz aus Gerichshain, das den B-Plan fertigte, geht von einem „redaktionellen Versehen“ aus, wie Geschäftsführer Tobias Schneider gestern auf LVZAnfrage erklärte. „Offenbar wurde im Rathaus nicht die aktuellste Fassung ausgelegt.“ Wie das passieren konnte, werde derzeit geprüft. „Es handelt sich aber keinesfalls um Absicht“, beteuert der Chef des Ingenieurbüros.
Unabhängig davon, fährt Anwalt Wiedemann schwere Geschütze auf, verstoße das gesamte bisherige Verfahren gegen grundlegende Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit. Die Verwaltung habe mehrfach zu erkennen gegeben, dass sie „im Lager des Investors“ stehe. Dabei sei es doch gerade Aufgabe einer solchen Planung, widerstreitende Interessen der Firma einerseits und der Bürger andererseits gegeneinander abzuwägen. Bürgermeister Martin müsse die Vorgänge schnellstmöglich aufklären, fordert Wiedemann. „Falls sich herausstellen sollte, dass jemand
im Rathaus damit zu tun hat, erwarten wir, dass notwendige personelle Konsequenzen gezogen werden.“ Das Verfahren müsse auf jeden Fall gestoppt werden. Anwohner der Dreiecksiedlung, die direkt gegenüber der Rosengärtnerei liegt, haben sich inzwischen auch ans Landratsamt gewandt. Die Kreisbehörde solle sich auf Grund der „Vielzahl von fachlichen Mängeln und Ungereimtheiten“ der Sache annehmen. Rathauschef Martin verwahrt sich indes gegen die von einigen kolportierte Sichtweise, hier würde hinter dem Rücken der Bürger gemauschelt. Simone Prenzel